„Seine Inhaftierung kommt der Inhaftierung des Friedens gleich“

Heute fand ein dreitägiger langer Marsch der kurdischen Jugendbewegung sein Ende in München. Begonnen hatte er am vergangenen Sonntag in Ingolstadt. Bis zu 60 Jugendliche sind mehr als hundert Kilometer gelaufen, um für die Freiheit des Repräsentanten des kurdischen Volkes, Abdullah Öcalan, und den Frieden in Kurdistan zu demonstrieren. Im Namen der DKP München bin ich auch einige (wenige) Kilometer mitgelaufen und habe auf der heutigen (16.08.16) Abschlussveranstaltung mit Tanz und Reden am Odeonsplatz, einige Worte der Solidarität gesprochen. Die (zugegeben etwas oberflächliche) Rede im Wortlaut findet ihr nun hier, zusammen mit einigen „unzensierten“ (siehe Facebook) Bildern der Kundgebung:

„Liebe GenossInnen, Liebe FreundInnen,

als erstes Grüße ich diejenigen unter euch, die seit drei Tagen von Ingolstadt nach München gelaufen sind – Wir als Deutsche Kommunistische Partei München haben großen Respekt vor euch!

Die Fahne Rojavas und der bewaffneten Selbstverteidigungskräfte der EzidInnen, YBS, war überall präsent.

Die Fahnen Rojavas und der bewaffneten Selbstverteidigungskräfte der EzidInnen, YBS, waren überall auf der Kundgebung präsent.

Wir sind heute hier, um gemeinsam für die Freiheit des Repräsentanten des kurdischen Volkes, für die Freiheit von Abdullah Öcalan einzutreten. Er ist der Kopf und der Schlüssel für eine friedliche Gestaltung der Türkei, Kurdistans und des Mittleren Ostens.

Und ausgerechnet er sitzt seit 16 Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali in Einzelhaft. Dabei war er immer wieder einer vollständigen Isolation ausgesetzt. Auch derzeit wieder. Seit April 2015 hatte niemand – weder seine Familie, noch seine Anwälte – Kontakt zu ihm. Wir wissen nicht wie es ihm geht, ob er krank oder gesund ist, ob er gefoltert wird oder nicht. Dabei sind die Haftbedingungen der Isolation schon eine Form der Folter an sich.

Seit dem militärischen Putschversuch der Gülen-Bewegung, in Verbindung mit kemalistischen und karrieristischen Teilen der Armee, ist die Sorge um Öcalan noch größer geworden. Angeblich hatten die Putschisten sogar vor ihn zu entführen und womöglich umzubringen. Dies wäre der Start eines brutalen Bürgerkriegs im ganzen Land gewesen, dessen Ausmaße unvorstellbar gewesen wären.

Unsere Kritik und Ablehnung des Putschversuches am 15.7.16 führt aber nicht dazu, dass wir die zivilen Putschisten der AKP und Erdogan aus der Verantwortung nehmen. Sie sitzen nun fester denn je im Sattel der Macht und setzen derzeit ihre Form der exklusiven AKP-Demokratie um. Dabei handelt es sich zwar um eine andere Spielart der Machtausübung, die sich für die Bevölkerung, insbesondere aber für KurdInnen, Linke, AlevitInnen und die vielen anderen Menschen, die nicht ins Verständnis der AKP passen, nicht groß unterscheiden würde von einer Diktatur des Militärs und der Gülen-Bewegung.
Wir, auch als DKP München, sind gegen jegliche Art von Putschen, sei es vom Militär oder der AKP!

Ein Teil der Jugendlichen, die für den Frieden in Kurdistan auf die Straße gegangen sind.

Ein Teil der Jugendlichen, die für den Frieden in Kurdistan auf die Straße gegangen sind.

Wenn die AKP jetzt angeblich eine nationale Aussöhnung sucht und die Sprache des Dialogs und nicht des Konflikts sprechen will, muss sie als erstes Zugang zu Öcalan ermöglichen. Für seine Familie und für seine Anwälte.
Doch die Entwicklung ist eine andere: Die linke und pro-kurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) wird massiv ausgegrenzt, ihre Mitglieder zu Dutzenden verhaftet, die Parteibüros gestürmt und ihre Abgeordneten ohne Immunität mit Prozessen überzogen.
So sehen Gesten der Zusammenarbeit und des Friedens nicht aus! Gemeinsam mit den faschistischen MHP und den nationalistischen, sogenannten Sozialdemokraten der CHP ist man sich in einer Großen Koalition einig, wo der Gegner nach wie vor steht: links und in Kurdistan.

Dabei sind Öcalan und vor allem seine theoretischen Werke ein wichtiger Ansatzpunkt für eine friedliche und gleichberechtigte Lösung der Probleme in der Türkei. Und nicht nur dort, auch im Irak, Syrien und Iran. Also in Kurdistan und weiten Teilen des Mittleren Ostens.
Seine Gedanken zum Demokratischen Konföderalismus haben das Potential einer wirklichen Neugestaltung der Region. Diese Neugestaltung findet in der Revolution in Rojava schon ihren Ausdruck. Dort werden alle Völker, Religionen und Sprachen auf gleicher Augenhöhe betrachtet und in die politische Umgestaltung integriert. Wie schön wäre es, wenn dies auch in der Türkei geschehen würde.

Das Bühnenbild: Abu Layla, legendärer Kommandant bei der Befreiung Rojavas, der am 5.6.16 gefallen ist; Abdullah Öcalan; Heval Agit (v.l.n.r).

Das Bühnenbild: Abu Leyla, legendärer Kommandant bei der Befreiung Rojavas, der am 5.6.16 gefallen ist; Abdullah Öcalan; Heval Agit (v.l.n.r).

Wir setzen uns, auch als DKP München, auch deswegen so für die Freiheit von Abdullah Öcalan ein, weil seine Freilassung auch die Freilassung der anderen kurdischen und linken Gefangenen beschleunigen würde. Und damit sehr vielen tausend Menschen in türkischen Gefängnissen zugutekommen würde. So zum Beispiel auch Ilhan Comak, der seit 22 Jahren unschuldig und wegen angeblicher PKK-Vorwürfe in türkischen Gefängnissen sitzt.

Ohne die Freiheit dieser Menschen, insbesondere von Abdullah Öcalan, kann es keine friedliche Entwicklung in der Türkei und der gesamten Region geben. Seine Inhaftierung kommt der Inhaftierung des Friedens gleich. Und deshalb muss sie beendet werden.

Öcalan betont immer wieder, dass ‚auf dem Sozialismus zu bestehen, bedeutet auf dem Menschsein zu bestehen‘
Wir bestehen heute und jeden Tag auf seine Freilassung, damit seine fortschrittlichen Ideen auch in der Türkei und Nordkurdistan endlich Realität werden können.

Danke für die Aufmerksamkeit!“

2016-08-16 17.07.39