Öcalan als Graphic Novel

Bild: Nick Brauns

Pünktlich zum 75. Geburtstag am 4. April erscheint im Unrast-Verlag ein neues Werk über Abdullah Öcalan. Es ist nicht einfach nur noch ein weiteres Buch über den Vordenker und Mitbegründer der kurdischen Freiheitsbewegung, der seit mehr als 25 Jahren in der Türkei in Isolationshaft sitzt. Es ist eine illustrierte Biografie, eine Graphic Novel, dieauf eine erfrischend neue Art und Weise politische Inhalte vermittelt. Natürlich ist die Vermittlung von Politik mittels Comics in Buchform schon länger verbreitet. Dass sich nun aber auch die Internationale Initiative „Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan“ diesem Medium zuwendet, um auf das Leben und den Kampf Abdullah Öcalans hinzuweisen, ist neu. Es ist Propaganda. Und das im positiven Sinne. Denn der Zweck Aufmerksamkeit für Öcalan als Person, aber auch für die Freiheitsbewegung und ihre politischen Ideale zu schaffen, wird nicht verheimlicht. Heute ist der Begriff „Propaganda“ im öffentlichen Bewusstsein als etwas Negatives verankert. Doch er kann auch eine positive Bedeutung tragen. Im Kleinen Politischen Wörterbuch (1978) wird der Begriff als die „systematische Verbreitung und gründliche Erläuterung politischer, philosophischer, ökonomischer, naturwissenschaftlicher u.a. Lehren und Ideen“ definiert. Das macht der Comic im besten Sinne und zwar so, dass auch Menschen, die keine Fans langer Bücher und Texte sind, einen guten Eindruck vermittelt bekommen. Dabei beschränkt sich der Inhalt nicht nur auf die Darstellung von Öcalans Leben, sondern es wird die komplexe Gründungsgeschichte der PKK nachvollzogen, die Revolution von Rojava als Umsetzung der Ideen in der Praxis dargestellt, aber auch auf die Angriffe der türkischen Armee auf Südkurdistan und das Schweigen der EU und der USA dazu eingegangen. Angesichts der sehr konkreten Drohungen des AKP-Regimes mit einer weiteren Ausweitung des Krieges gegen Nordsyrien und Südkurdistan/Nordirak, ist die Graphic Novel tragisch aktuell. In beeindruckenden Zeichnungen, wird der Kampf der Frauenverteidigungseinheiten YPJ gegen die IS-Terrormiliz illustriert und betont, dass dies nicht alles ist: „Wir wollen, dass die Welt von unseren Ideen erfüllt wird, nicht von unseren Waffen. Wir sind nicht nur Frauen, die gegen den IS kämpfen. Wir kämpfen dafür, die Mentalität der Gesellschaft zu ändern und der Welt zu zeigen, wozu Frauen fähig sind“, wird eine YPJ-Kämpferin zitiert (S. 132). Der Comic ist also alles andere als „billige“ Propaganda. Gezeichnet wurde er vom kurdischen Zeichner Keko, der in Spanien lebt. Geschrieben hat ihn der preisgekrönte schottische Graphic-Novel-Autor Sean Michael Wilson, der 2016 den International Manga Award erhielt. Es war sicherlich keine leichte Aufgabe, eine solch komplexe und auch von Widersprüchen durchzogene (Lebens-)Geschichte in Comicform zu bringen. Falls ihr in eurem Freund:innen- oder Genoss:innenkreis Menschen habt, die sich schon immer mal mit Öcalan und der kurdischen Freiheitsbewegung auseinandersetzen wollten, denen aber die tausenden Seiten des „Manifests der demokratischen Zivilisation“ zu lang sind, wisst ihr nun, was ihr ihnen zum Geburtstag schenken könnt. Es muss ja nicht erst beim 75. sein.

Abdullah Öcalan – eine illustrierte Biografie
von Sean Michael Wilson & Keko
herausgegeben von der International Initiative Edition
ISBN: 978-3-89771-394-9
Erscheinungsdatum 4. April 2024
160 Seiten, Großformat B5