Überwachung in Deutschland – ein persönliches Erlebnis

Erinnert ihr euch noch, wie ich Mitte September 2018 bei der Reise nach Österreich/Wien zur Mitgliederversammlung von Transform Europe und zur ersten Buchpräsentation von „Die KurdInnen – ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion“ an der Grenze in Freilassing von der Polizei aus dem Zug befördert und zwei Stunden auf der Wache verhört und festgehalten wurde? (siehe auch hier) Damals hat im Anschluss mein Anwalt ein Auskunftsersuchen an die Bundespolizei gestellt, das am 30. Januar, nach „nur“ fünf Monaten, beantwortet wurde. Ich hatte bereits vor einigen Wochen etwas auf Facebook dazu geschrieben, will den Vorgang aber hier noch einmal dokumentieren.

Aus der Antwort wird ersichtlich, wie engmaschig die Überwachung in Deutschland ist. Ihr findet die Antwort in großen Teilen in den folgenden drei Bildern. Die ausführliche Vorgangsbeschreibung zu Freilassing findet ihr hier:

Auslöser der Befragung war anscheinend meine Israel/Palästina-Reise im Juli 2018. Bei meiner Wiedereinreise nach Deutschland Ende Juli wundert sich die Bundespolizei, warum ich keinen Einreisebeleg darüber habe, also wie ich von Israel in die Westbank gelangt sei:

Wer die Gegend kennt, weiß, dass man in Jerusalem einfach in den palästinensischen Linienbus Nr. 54 einsteigt und ohne größere Kontrolle in die besetzte Westbank kommt (nur bei der Ausreise nach Israel sind die Kontrollen extrem scharf, oft rassistisch und immer nervig). Darüber hinaus mockiert sich die Bundespolizei, dass ich bei der Einreise nach Deutschland auf ihre Fragen „nur kurz und prägnant“ geantwortet habe und eine „Konversation im üblichen Sinne“ nicht möglich gewesen sei. Was erwarten die eigentlich?

Dieser Einreisebefragung am 31.7.18 wiederum lag zugrunde, dass ich „aufgrund einer Erkenntnismitteilung“ in einer Fahndungsausschreibung als „Polizeipflichtiger“ erfasst worden war. Warum? Weil wir 5000€ für ein linkes Jugendfestival gesammelt hatten. Die Polizei behauptet nicht zu wissen für wen das Geld gesammelt wurde, gibt dann aber selbst als Quelle ihrer Erkenntnis meinen Blogbeitrag an, in dem ich genau schreibe für wen das Geld ist und das wir das 25. Farkha-Jugendfestival damit unterstützen. Es wird für Verpflegung, Anreise und das Musik- und Kulturprogramm des Festivals verwendet:

Was das aber wiederum mit meiner erst verweigerten Einreise nach Österreich und der in Freilassing erfolgten Befragung zu tun hat (bei der Palästina und die Geldspende nicht thematisiert wurden, außer in einem aus Versehen gefallenen Nebensatz eines beteiligen Polizisten), bleibt das Geheimnis der Polizei.

Mittlerweile gehen die Schikanen weiter. Als ich am 8. Februar über Frankfurt nach Tindouf in Algerien fliegen wollte, um mich über die Situation in den Geflüchtetencamps der Sahrauis zu informieren (meine Berichte dazu finden sich auf diesem Blog), wurde ich bei der Ausreise mehr als eine Stunde lang auf dem Polizeirevier des Flughafens festgehalten, ohne Angaben von Gründen. Auf Nachfrage lautete die Antwort: „Das wissen Sie doch selber am besten“. Ich wurde befragt, mein Pass und Flugticket kopiert und anschließend von einem Polizisten zum Abfluggate eskortiert.
Als ich Mitte März in den Urlaub geflogen bin, die gleiche Prozedur: Ich werde bei der Passkontrolle rausgezogen und eine Stunde lang festgehalten, befragt, alle Unterlagen werden kopiert. Bei beiden Malen, in Frankfurt und München, drohen die Polizisten mir, dass ich meinen Flug verpassen könne, weil das hier noch länger dauern könne und ich deshalb kooperieren solle. Bei der Wiedereinreise eine Woche später erfolgt die Befragung direkt bei der Passkontrolle. Dort erfahre ich, dass ich auf der PMK Links-Liste stehe, also „politisch motivierte Kriminalität Links“, obwohl ich nicht verurteilt und nicht vorbestraft bin.

Diese ganzen Vorgänge machen deutlich, wie eng die Überwachung in der Bundesrepublik ist. Zuerst trifft die Überwachung vielleicht nur politische AktivistInnen. Aber diese wird nach und nach auf sämtliche Teile der Bevölkerung ausgeweitet werden. Entsprechende Schritte gibt es ja bereits. Vor allem wenn sich mehr sozialer Protest regt, wie das Jahr 2018 vor allem in München schön gezeigt hat, werden diese Maßnahmen noch mehr ausgebaut werden. Die Verabschiedung der autoritären Polizeiaufgabengesetze in ganz Deutschland (mit Bayern als Vorreiter) sind das beste Beispiel dafür.

Deshalb: Wehret den Anfängen – wobei diese Anfänge schon längst begonnen haben. Umso wichtiger ist unser Widerstand: Berxwedan Jiyane  -Widerstand heißt Leben!